Das Schröpfen gehört zu den ältesten Heilverfahren der Welt. Schon in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM), im alten Ägypten und im antiken Griechenland wurde es eingesetzt, um Krankheiten zu behandeln und das Gleichgewicht im Körper wiederherzustellen. Heute erlebt diese Methode auch im Westen eine Renaissance – sowohl in Naturheilpraxen als auch als ergänzende Behandlung in Physiotherapien.
Was ist Schröpfen eigentlich?
Beim Schröpfen werden spezielle Gläser oder moderne Schröpfköpfe auf die Haut gesetzt. Durch Unterdruck saugen sich diese an der Haut fest und erzeugen eine Art „Vakuum-Effekt“. Dieser Reiz regt die Durchblutung an, lockert das Gewebe und kann sowohl muskuläre Verspannungen als auch innere Prozesse positiv beeinflussen.
Man unterscheidet mehrere Formen des Schröpfens:
- Trockenes Schröpfen: Die klassische Methode, bei der die Gläser ohne Blutentzug aufgesetzt werden.
- Blutiges Schröpfen: Hierbei wird die Haut leicht angeritzt, sodass mit dem Unterdruck „schädliche Stoffe“ oder „Stagnationen“ nach außen geleitet werden.
- Schröpfmassage: Schröpfgläser werden mit Öl über die Haut bewegt – eine tiefgehende Massage mit starkem Effekt auf Muskulatur und Faszien.
Wirkungsweise – was passiert im Körper?
Das Schröpfen wirkt über mehrere Ebenen:
- Verbesserung der Durchblutung: Das Gewebe wird stärker durchblutet, die Sauerstoffversorgung steigt.
- Lösen von Verspannungen: Besonders bei verhärteten Muskeln im Rücken und Nacken spürt man eine deutliche Entlastung.
- Anregung des Lymphflusses: Stoffwechselprodukte und „Schlacken“ werden besser abtransportiert.
- Regulation innerer Organe: Über die sogenannten Head’schen Zonen können bestimmte Hautareale mit inneren Organen in Verbindung stehen. Schröpfen wirkt so auch indirekt auf Verdauung, Leber, Niere oder Atemwege.
Typische Einsatzgebiete
Schröpfen wird heute vor allem bei folgenden Beschwerden angewandt:
- Rückenschmerzen, Nackenverspannungen, Hexenschuss
- Kopfschmerzen und Migräne
- Verdauungsprobleme, Völlegefühl, Verstopfung
- Rheumatische Beschwerden
- Erschöpfung und allgemeine Abwehrschwäche
Viele Patienten berichten auch von einem Gefühl der Entspannung, Leichtigkeit und gesteigerten Energie nach einer Schröpfbehandlung.
Schröpfen im ganzheitlichen Kontext
In der Naturheilkunde versteht man den Menschen als Einheit aus Körper, Geist und Seele. Schröpfen wirkt nicht nur lokal, sondern bringt den gesamten Organismus in Bewegung. Alte Stauungen werden gelöst, Energien können wieder freier fließen – das ist auch der Grund, warum nach einer Sitzung manchmal blaue Flecken entstehen. Diese sind kein Zeichen von Schaden, sondern vielmehr von der gelösten Stagnation.
Schröpfen in früherer Zeit – mit Hörnern und Bambus
Die Ursprünge des Schröpfens reichen viele Jahrtausende zurück. Lange bevor Glas oder moderne Materialien zur Verfügung standen, nutzten Menschen einfache Hilfsmittel aus der Natur. In vielen Kulturen wurden dazu Tierhörner eingesetzt, die man aushöhlte und auf die Haut setzte, um einen Unterdruck zu erzeugen. Auch Bambusröhren waren verbreitet, insbesondere in Asien.
Das Prinzip war dasselbe wie heute: Durch Ansaugen oder durch das kurzzeitige Erhitzen der Luft im Inneren entstand ein Vakuum, das die Durchblutung anregte und Stauungen im Gewebe löste. Diese frühen Formen zeigen, wie universell das Schröpfen als Heiltechnik war – unabhängig von Ort und Kultur.
Dass das Schröpfen mit Hörnern in so vielen Regionen der Welt bekannt war, belegt eindrucksvoll, wie sehr die Menschen schon damals die Kraft des Körpers verstanden und einfache, natürliche Werkzeuge nutzten, um Heilung zu fördern.
Verschiedene Techniken zur Erzeugung des Vakuums
Damit Schröpfgläser ihre Wirkung entfalten können, müssen sie fest auf der Haut haften. Dies gelingt durch ein Vakuum, das auf unterschiedliche Arten erzeugt werden kann.
1. Klassische Feuertechnik
Die wohl älteste Methode ist das Erhitzen des Glases mit einer Flamme. Dazu wird die Luft im Schröpfglas kurz erwärmt, anschließend setzt der Therapeut das Glas rasch auf die Haut. Beim Abkühlen zieht sich die Luft zusammen – es entsteht der gewünschte Unterdruck, der das Glas fest ansaugt.
2. Wattestäbchen-Variante
Eine etwas handlichere Form der Feuertechnik ist das Anzünden eines Wattestäbchens. Dieses wird kurz ins Innere des Schröpfglases gehalten, um die Luft zu erhitzen, und sofort wieder entfernt. Auch hier entsteht durch die schnelle Abkühlung ein Unterdruck. Diese Variante erlaubt präzises Arbeiten und ist in vielen Praxen weit verbreitet.
3. Moderne Saugvorrichtungen
Immer häufiger finden sich Schröpfgläser, die mit einer kleinen Pumpe ausgestattet sind. Durch diese Saugvorrichtung lässt sich der Unterdruck genau dosieren und an die Bedürfnisse des Patienten anpassen. Diese Technik gilt als besonders sicher und wird gerne in der modernen Physiotherapie oder Naturheilpraxis eingesetzt.
4. Flexible Schröpfköpfe aus Silikon oder Kunststoff
Eine sanftere Variante sind Schröpfgläser aus weicherem Material, die durch Zusammendrücken ein Vakuum erzeugen. Sie eignen sich besonders gut für empfindlichere Hautpartien oder für die Schröpfmassage, da sie leicht über die Haut bewegt werden können.
Jede Technik hat ihre eigenen Stärken: Während die Feuertechniken traditionell und intensiv wirken, ermöglichen moderne Systeme eine sehr gleichmäßige und gut steuerbare Anwendung. So kann für jeden Patienten die passende Methode gewählt werden.
Schröpfgläser mit Rotlicht – Wärme und Vakuum vereint
Eine moderne Variante des Schröpfens ist die Kombination mit Rotlicht. Dabei werden spezielle Schröpfgläser eingesetzt, die zusätzlich über eine integrierte Wärmequelle verfügen oder mit Rotlichtlampen kombiniert werden. Die Wärme dringt tief in das Gewebe ein, fördert die Durchblutung und verstärkt die entspannende Wirkung auf Muskeln und Faszien.
Das gleichzeitige Zusammenspiel von Unterdruck und Wärme kann mehrere Vorteile haben:
- Die Muskulatur löst sich schneller und intensiver.
- Das Gewebe wird besonders stark durchblutet und mit Sauerstoff versorgt.
- Schmerzen und Verspannungen lassen sich nachhaltiger lindern.
- Der gesamte Stoffwechsel und Lymphfluss werden angeregt.
Gerade bei hartnäckigen Verspannungen im Rücken oder bei chronischen Beschwerden empfinden viele Patienten die Kombination von Schröpfen und Rotlicht als wohltuend und tief entspannend. Sie verbindet die traditionelle Kraft des Schröpfens mit dem bewährten Effekt von Wärme – für noch mehr Regeneration und Vitalität.
Wann sollte man vorsichtig sein?
So hilfreich Schröpfen sein kann, gibt es auch Kontraindikationen:
- Bei akuten Infekten oder Fieber
- Bei Blutgerinnungsstörungen oder Einnahme von Blutverdünnern
- In der Schwangerschaft (je nach Region des Körpers)
- Auf offenen Wunden, Hauterkrankungen oder Krampfadern
Deshalb sollte Schröpfen immer von geschulten Therapeuten durchgeführt werden.
Fazit
Schröpfen ist eine jahrtausendealte Heilmethode, die auch heute noch erstaunlich wirksam ist. Ob zur Entspannung verspannter Muskeln, zur Unterstützung des Immunsystems oder als Teil einer ganzheitlichen Behandlung – Schröpfen kann eine wertvolle Ergänzung zur klassischen Therapie sein.
Es lohnt sich, dieser alten Technik eine Chance zu geben. Manchmal braucht es nicht viel Hightech, sondern nur ein Glas, etwas Unterdruck – und die Weisheit der Naturheilkunde.
Barogh, E. (2021). Alles was du über Schröpfen wissen musst. Praxis Barogh. Abgerufen am 09. September 2025 von https://www.praxisbarogh.de/post/alles-was-du-%C3%BCber-schr%C3%B6pfen-wissen-musst
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